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Geschichten, die Mut machen Leben mit dem LVAD

Mein Motto ist: immer nach vorne gucken

Birgit B. (68)
Alles ging damit los, dass ich meinen zweiten Herzinfarkt bekommen habe. Dann bin ich in Harburg ins Krankenhaus gekommen. Dort haben sie mich dann behandelt und dann wollte ich zur Reha nach Timmendorf und das wurde dann zum zweiten Mal abgelehnt, weil meine Reha als Kur eingestuft wurde. Ich habe aber gegen die Entscheidung angekämpft und die Reha letztlich bekommen.
In Timmendorf konnte ich dann aber nicht viel machen, weil mir immer die Luft wegblieb.
An einem Sonntag hatte ich dann Besuch von meiner Freundin und meiner Tochter und die haben mich dann wieder in die Klinik gebracht und dort bin ich fast zusammengebrochen. Und dann hat die Ärztin sofort beschlossen, dass ich nach Lübeck in die Klinik verlegt wurde.
Im September letzten Jahres nahm das Ganze dann also seinen Lauf.
9 Wochen habe ich dann dort im Krankenhaus gelegen und war insgesamt ein halbes Jahr von zu Hause weg.
Als sie mir am Krankenbett diese Maschine gezeigt haben, die dann an mein Herz kommen sollte, habe ich ganz schön geschluckt und erst mal überlegt. Ich dachte nur: „Das soll bei dir rein und dann musst du immer mit diesen Akkus rumlaufen?!“ Naja, aber eine Alternative gab es ja eigentlich nicht. Es gab nur diese eine Möglichkeit.
Und nach einer Woche habe ich mich dann entschieden und gesagt: „Ja. Das mache ich!“
Bis zur OP war es dann aber auch wieder ein langer Weg. Dann stimmten die Werte nicht. Dann wurde die OP wieder und wieder verschoben, bis es dann am 21. Dezember so weit war. Und nach 9 Stunden war dann alles fertig.
Von dem Moment, als sie mich in den OP geschoben haben, kann ich mich natürlich an nichts mehr erinnern. Erst als ich dann irgendwann auf der Station wieder aufwachte.
Danach war ich dann erst im Krankenhaus und dort funktionierte dann auch alles und dann bin ich zur Reha nach Lübeck gegangen. In die Geriatrie. Und da hab ich mich dann wieder ganz gut erholt.
Da war ich dann vier Wochen und dann bin ich am 21. Februar wieder nach Hause und hab ab da hier bei uns eine Tages-Reha gemacht. Dann bin ich morgens um 9.00Uhr in die Geriatrie und nachmittags um 3.00Uhr wieder zurück. Und da muss ich sagen, das hat mir ganz viel gebracht.
Ich war dort zwar die Jüngste, aber das störte mich nicht, so leicht komme ich doch an keine Tages-Reha mehr. Dort bekommst du alles, was du brauchst: Physio, Ergo. Und man kann das alle sieben Monate machen. Ich verstehe gar nicht, warum die anderen Leute das nicht machen. Viele wissen das ja gar nicht und deswegen kann ich nur allen raten, aktiv danach zu fragen. Weil es steht ja jedem zu.
Ich habe ja mit einem anderen Patienten aus GerHearts Freundeskreis regelmäßig Kontakt und ihm geht es leider gar nicht gut. Er hat immer starken Schwindel und kann deswegen nur sehr wenig machen. Aber das habe ich alles zum Glück nicht. Meine Devise war immer: nach vorne gucken. Was war, war. Was noch kommt, weiß ich nicht, aber ich habe das alles für mich jetzt so angenommen.
Für mich ist das wie Zähneputzen: morgens legst du es an und abends legst du es wieder ab in die Tasche und dann kannst du schlafen gehen. Tagsüber nehme ich immer die Hemden. Die erleichtern mir den Alltag sehr. Abends nehme ich dann die Akkus, die in der Station aufgeladen wurden und dann nehme ich über Nacht die Tasche.
So empfinde ich das.
Mein Alltag hat sich dadurch eigentlich auch nicht verändert. Im Grunde kann ich alles machen.
Ich kann im Garten arbeiten, ich gehe mit dem Hund.
Ich hatte mir jetzt noch einen Keim eingefangen, aber das Antibiotikum hat gleich angeschlagen. Das kannst du natürlich immer mal haben, am Bauch ist es ja einfach eine offene Stelle. Aber ich hatte kein Fieber und auch sonst nichts. Da war nur eine rote Stelle, aber letzte Woche war die Stelle dann auch schon wieder weg.
Den Verbandswechsel macht mein Pflegedienst. Die kommen einmal in der Woche, duschen mich und dann machen sie den Verbandswechsel. Und morgens kommt immer jemand und hilft mir, die Kompressionsstrümpfe anzuziehen.
Wenn du keine Beeinträchtigungen hast, wie zum Beispiel starken Schwindel, kann das Leben eigentlich normal weitergehen.
Du kannst damit ja sogar in den Urlaub fahren. Dann nimmst du die Akkus und die Ladestation eben mit. Du musst dann vielleicht irgendwo hinfahren, wo es auch eine Klinik gibt, aber letztlich ist es ja so: was soll dir im Urlaub passieren? Das könnte dir auch alles zu Hause passieren. Ich kann ja auch hier einfach über die Straße gehen, dann kommt ein Auto und fährt mich an…Also, das sehe ich so.
Ich habe wirklich Glück. Ich gehe regelmäßig zu meinen Kontrollen und bald haben wir wieder Patiententreffen. Das machen wir immer jedes halbe Jahr. Das finde ich echt super. Wir sind dort immer 15, 20 oder sogar 30 Leute. 3 von ihnen haben ein Spenderherz, alle anderen laufen mit dem rum, mit dem ich auch rumlaufe. Man kann das ja sogar auch wieder zurücklegen, wenn das Herz sich erholt hat. Aber bei mir bleibt das so. Ab 65 kann man sich ja nicht mehr listen lassen. Aber das ist ja nicht so schlimm, es gibt ja dieses System.
Auf der YouTube Seite des Universitätsklinikums in Lübeck gibt es sogar ein Video mit Erfahrungsberichten aus unserer Gruppe.
Ich sehe da noch nicht wieder so gut aus. Ich habe in der Klinik fürchterlich abgenommen, weil ich das Essen dort einfach nicht essen konnte. Es hieß dann zwar immer: „Sie müssen mehr essen!“ Aber ich konnte nicht mehr essen. Und daran hat es dann auch noch gehapert. Aber jetzt habe ich wieder ein paar Kilos drauf. Von dem Video bis jetzt ist es ein Unterschied wie Tag und Nacht.
Ich kann den Leuten nur empfehlen, so eine Tages-Reha zu machen, wenn es so etwas bei ihnen in der Nähe gibt.
Nach der Operation fand ich es super, dass ich die Reha in der Geriatrie in Lübeck machen konnte. Dort gibt es nur 120 Plätze und dort war es richtig toll. Die kochen sogar das Essen dort noch selbst. Da hab ich mich richtig erschrocken 😉
Aber da haben sie mich dann ein bisschen aufgepäppelt. Und die ärztliche Betreuung war auch sehr gut. Also, das hat mir richtig gut gefallen. Dort kam dann auch der soziale Dienst und hat alles für mich geregelt. Das muss man nicht alles selber regeln. Also, wenn jemand im Krankenhaus ist, dem kann ich nur empfehlen, dort auch den sozialen Dienst in Anspruch zu nehmen.
Das machen leider nur wenige. Aber die meisten lassen dann leider auch die Ohren hängen. Das ist dann ein Problem. Man muss sich immer sagen, dass man nach vorne gucken muss. Man muss selber dagegen angehen. Wenn man lange gelegen hat, dann muss man was machen, auch wenn es einem schwerfällt.
Ich muss zu Hause, um ins Schlafzimmer zu kommen, immer in die erste Etage. In der ersten Zeit habe ich mich da so hochgezogen. Und jetzt kann ich ohne Hände wieder hochgehen und sogar den Hund noch tragen. Aber das geht jetzt wieder. Es dauert halt nur alles seine Zeit. Und wenn die Leute noch älter sind, dann brauchen sie eben auch noch länger.
Ich bin aber sehr zufrieden. Die anderen bewundern mich auch immer. Ich habe vor Kurzem den Arzt wieder getroffen und er sagte: „Mensch, Sie sehen aber gut aus!“ und das gibt einem dann natürlich auch Bestätigung. Ein Jahr hab ich schon rum und wie gesagt: „immer nach vorne gucken“.