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Geschichten, die Mut machen

Neue Wege in ein neues Leben

Von Karl V. (67)

Dass ich ein so krankes Herz habe, wusste ich nicht. Vor etwa 10 Jahren wurde mir ein Herzschrittmacher implantiert. Im Nachhinein muss ich feststellen, dass ich die Atemnot, die meine Herzkrankheit begleitet hat, immer auf die Bronchien und die Lunge geschoben habe.
Weder der niedergelassene Kardiologe, noch die Kardiologie im Krankenhaus haben mir etwas von dem Leistungsabfall des Herzens berichtet.
Vor ca. einem Jahr wurde es dann so schlimm, dass ich mich selbst ins Krankenhaus eingeliefert habe. Dort ging alles sehr schnell. Meine Frau musste eine Entscheidung treffen, ob ich nach Bad Oeynhausen ins Herzzentrum oder nach Bad Rothenfelde in die Schüchtermann Klinik
verlegt werde.
Sie hat sich für die Schüchtermann Klinik entschieden, wo dann die Untersuchungen vorgenommen wurden und mir mitgeteilt hat, dass es wohl besser ist, wenn ich ein „Kunstherz“ bekomme.
Ich habe alles über mich ergehen lassen. Es war eine sehr schwierige Zeit für meine Familie und mich.
Die Aussagen der Ärzte und der LVAD-Ambulanz sind immer positiv gewesen, aber das Leben danach in den eigenen vier Wänden hat so nicht gleich funktioniert.
Das beginnt mit dem Duschen, und geht weiter beim Fahrradfahren. Sobald die Strecke auch nur ein wenig ansteigt, wird es für mich zu anstrengend. Selbst Spaziergänge, die nicht in der Ebene stattfinden, sind zu viel für mich. Mein Hauptproblem ist immer noch die Atemnot. Schon die kleinsten Steigungen zwingen mich zur Pause.
Ich bin durch die Krankheit von jetzt auf gleich aus allem herausgerissen worden.
Meine Chancen, ein Spenderherz zu bekommen, stehen wohl nicht sehr gut, und um ehrlich zu sein, weiß ich auch nicht, ob ich ein neues Herz möchte, denn ich müsste die gleiche OP wieder durchmachen müssen und das möchte ich nicht.
Aber meine Familie hat mich in der schweren Zeit „aufgefangen“.
Trotzdem muss ich lernen, mein Leben ganz anders zu gestalten, was nicht immer leicht ist.
Zuerst habe mir psychologische Unterstützung gesucht, aber das hat mir nicht wirklich geholfen. Um ein bisschen fitter zu werden, habe ich mit Reha-Sport begonnen. Ich habe auch früher nur wenig Sport gemacht, also starte ich langsam. Außerdem gehe ich zur ERGO Therapie.
Es ist vor allem so, dass mir Kontakte fehlen, mit denen ich mich einfach mal über den Alltag austauschen kann. Zwar bin ich in einer Selbsthilfegruppe, aber mir fehlt jemand, der mich einfach mal ein bisschen mitzieht.
Aber ich gebe nicht auf: Ich bin jetzt in einer „Gruppe“ mit denen ich 1 Mal in der Woche Skat spiele. Außerdem lerne ich zusätzlich einmal in der Woche, Schach zu spielen. Und ich bin als Ehrenamtlicher in einer Wohnlage tätig.
Leider finde ich es sehr störend, dass man immer die Ersatz-Akkus und das dazugehörige Equipment mit sich herumtragen muss. Egal, welche Form des Transports ich ausprobiert habe, sei es im Rucksack, einer Bauchtasche oder eine Schultertasche – nichts ist für mich wirklich praktikabel. Meine Frau trägt den Rucksack sehr oft, aber ich möchte keine Umstände bereiten.
Vor Kurzem war ich dann endlich mal wieder auf einem Sasha Konzert. Es hat mir sehr gut getan, einfach mal rauszukommen.
Ich bin sehr froh, all diese Dinge machen zu können, aber ich kann nicht leugnen, dass es mit dem LVAD ein anderes Leben ist. Ich muss erst lernen, mich in dieses Leben einzufinden und es ist nicht immer leicht. Trotz allem gebe ich aber nicht auf und suche nach neuen Wegen. Und vielleicht findet sich ja bei Zeiten auch noch jemand, der mich mal ein bisschen mitzieht und mit dem ich gemeinsam neue Wege beschreiten kann.